Ein Symposium, das die Vernetzung internationaler WissenschaftlerInnen fördern soll

Aus der Sicht eines Mitglieds im wissenschaftlichen Ausschusses zum Internationalen Symposium Kunststofftechnik, das im März 2020 erstmals stattfinden wird, beantwortet Rainer Dahlmann fünf Fragen.

Prof. Dr. rer. nat. nat. Rainer Dahlmann ist wissenschaftlicher Direktor am IKV und Mitglied des wissenschaftlichen Ausschusses beim ersten International Symposium on Plastics Technology. | Foto: IKV /Fröls

1) In einer Zeit, in der es keine geringe Herausforderung ist, Teilnehmer für Konferenzen und Messen zu gewinnen, entschließt sich das IKV mit dem International Symposium on Plastics Technology eine neue Veranstaltung ins Leben zu rufen. Welche Motivation steckt für Sie dahinter?

Prof. Dahlmann: Zunächst einmal ist eine Herausforderung im Bereich der Kunststofftechnik für uns eine selbstwirkende Motivation! - In der Tat hat man seit einigen Jahren verstärkt den Eindruck, dass bei Konferenzen ein harter Verdrängungswettbewerb herrscht. Außerdem hat der kommunikative Aspekt von Konferenzformaten natürlich starke Konkurrenz durch digitale Formate erhalten. Dennoch bieten Konferenzen eine ganz eigene Möglichkeit, sich auszutauschen und zu vernetzen. Nicht zuletzt, weil wir die persönliche Kommunikation für extrem wichtig halten, setzen wir uns für diese neue Veranstaltung ein.

Das heißt, Sie haben sich mit dem Symposium die Vernetzung internationaler Wissenschaftler zum Ziel gesetzt?

Prof. Dahlmann: Genau, wir möchten eine Plattform bieten, auf der wir uns mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus allen Ländern austauschen können. Das ist nötig, weil es viele Problemstellungen gibt, die wir nur gemeinsam angehen können. Denken Sie beispielsweise an den Themenkomplex Kreislaufwirtschaft: Es existieren bereits Insellösungen, die für sich betrachtet Sinn machen. Das Problem ist aber so allgegenwärtig und umfassend, und es spielt sich überall auf der Erde in unterschiedlichen Ausprägungen ab, dass es zur Lösung umfassendere Ansätze braucht, bei denen die Akteure grenzüberschreitend miteinander kooperieren. Das Symposium soll dazu einen Beitrag leisten und eine Plattform bieten für das Zusammentragen und Diskutieren von weltweiten Beiträgen aus Forschung und Entwicklung.

Es kommt aber noch ein weiterer Aspekt hinzu, der uns motiviert ein Symposium ins Leben zu rufen: Das IKV richtet seine Forschungstätigkeiten seit jeher stark an Bedarfen der industriellen Praxis aus, gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass der Austausch auf wissenschaftlicher Ebene unentbehrlich für Innovation und Entwicklung ist. Beim Austausch auf diesem Niveau liegt der besondere Reiz darin, dass junge, noch zarte Forschungsansätze nicht so früh der Frage der Wirtschaftlichkeit ausgesetzt werden. Denn wird diese Frage zu früh gestellt, können gute Ideen, die in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit noch keine ausgearbeitete Perspektive haben, im Keim erstickt werden.

2) Das Symposium findet am Tag vor dem etablierten Internationalen Kolloquium Kunststofftechnik statt. Wie grenzen sich die beiden Formate voneinander ab?  

Prof. Dahlmann: Das Kolloquium Kunststofftechnik steht ganz unter dem Motto „Forschung für die Praxis“. Das ist bereits seit vielen Jahrzehnten der Fall, und dieser Leitspruch [HR3]  bringt die Forschung des Instituts in direkten Kontakt mit der industriellen Entwicklung. Die Beiträge aus dem IKV haben selbstverständlich einen wissenschaftlichen Anspruch, parallel ist für uns aber auch die unmittelbare Nutzbarkeit der Ergebnisse zentral. Dieser Dualismus erfordert immer auch einen gewissen Spagat, aber das macht den Mehrgewinn aus, den sich unsere Teilnehmer zurecht auch vom nächsten Kolloquium versprechen dürfen.

Mit dem Konzept des Symposium on Plastics Technology baut die Kunststofftechnik in Aachen eine Brücke zu einem aktiveren internationalen wissenschaftlichen Austausch. Die Anwendungsnähe wird nicht so sehr im Vordergrund stehen wie der gemeinsame Erkenntnisgewinn zu den Themen, die wir für das Symposium definiert haben. Das allerdings darf nicht so interpretiert werden, dass sich das Symposium Interessierten aus der Industrie verschließt. Wir bauen keinen Elfenbeinturm, sondern wagen den Versuch, industrielle Entwicklung und Wissenschaft auf internationaler Ebene näher zusammenzubringen. Denn: Die Teilnehmer des Symposiums werden auch das Kolloquium besuchen.

3) Unter welchen Gesichtspunkten haben Sie die Themen ausgewählt, zu denen Wissenschaftler und Entwickler Beiträge einreichen können?

Prof. Dahlmann: Als anwendungsnahes Forschungsinstitut sind wir durch unsere Fördervereinigung und unsere weiteren Kontakte mit Unternehmen sehr gut vernetzt und haben sozusagen den Finger am Puls der Kunststoffindustrie. Aktuelle Strömungen und Fragestellungen in der industriellen Praxis können wir gut einschätzen. Die übergeordnete Themenwahl für das Symposium unterscheidet sich auch nicht grundsätzlich von der für das Kolloquium, weil wir in beiden Formaten die Zukunft der Kunststofftechnik diskutieren wollen. Wir laden zu Beiträgen zu den Themenbereichen Additive Fertigung, Kreislaufwirtschaft, Leichtbau und Kunststoffindustrie 4.0 ein, aber natürlich werden wir auch die internationale Forschung in der Extrusion und beim Spritzgießen beleuchten.

4) Auf welche Art von Beiträgen hoffen Sie als Mitglied des Scientific Committee zum International Symposium on Plastics Technology besonders?

Prof. Dahlmann: Für das Symposium erwarte ich von Forschungseinrichtungen wissenschaftliche Beiträge mit Anschluss an die Grundlagenforschung, aber auch anwendungsorientierte Beiträge aus den Entwicklungsabteilungen der Unternehmen. Beiträge, die in der Lage sind, diese Aktivitäten einander näher zusammenzubringen, liegen in meinem Fokus.

5) Was halten die Industriepartner und Förderer des Instituts von der neuen Veranstaltung bzw. welchen Benefit hoffen Sie für Ihre Netzwerkpartner generieren zu können?

Prof. Dahlmann: Das Symposium bietet unseren Partnern aus der Industrie einen erweiterten Blick auf aktuelle internationale Forschungsaktivitäten in den Bereichen, die wir als derzeit pulsierend erachten.

Wir haben das Symposium sehr bewusst unmittelbar vor das Kolloquium gelegt, damit unsere Industriepartner sich dieses Format mit einem geringen zeitlichen Mehraufwand erschließen können. Das neue Format wird womöglich nicht für alle potenziellen Teilnehmer des Kolloquiums von näherem Interesse sein – hoffentlich nicht, denn dafür werden die aktuell geplanten Räumlichkeiten gar nicht ausreichen – aber wir freuen uns über jeden Gast, der den Blick über den Tellerrand wagen möchte. Vorwiegend rechnen wir – neben international renomierten Wissenschaftlern –  mit Fachleuten, die in den Entwicklungsabteilungen kleiner, mittlerer und großer Unternehmen aktiv sind. Diese Fachleute werden während des Symposiums Impulse anderer Art als auf dem Kolloquium erhalten.

Haben Sie denn bereits konkretes Feedback aus Ihrem Netzwerk erhalten?

Prof. Dahlmann: Wir haben uns im Vorfeld mit einigen unserer Industriepartner abgestimmt und dabei sehr ermutigende Rückmeldungen erhalten. Man schätzt insbesondere die Erweiterung des Rahmens durch Beiträge, die einen hohen Anspruch und Qualitätsstandard versprechen. Durch die Sichtung und Selektion der Beiträge durch das fachlich breit aufgestellte Scientific Committee können wir die Erwartungen unserer Besucher sicherlich erfüllen.