Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten

Die ständige Weiterentwicklung von Plasmaprozessen ermöglicht, dass verpackte Produkte noch langlebiger, Handys noch kleiner und PCs noch leistungsfähiger werden. Maßgebend für diesen Erfolg sind die enge Verzahnung der Plasmadiagnostik mit der Prozesstechnologie, die in-situ Kontrolle der prozessrelevanten Parameter sowie deren Korrelation mit den erzielten Strukturen. Hier setzt der SFB-TR 87 an, durch Bündelung der Expertisen der auf den Gebieten der Plasmaphysik und Plasmatechnik sowie Werkstoffwissenschaften und Oberflächentechnik ausgewiesenen Standorte RWTH Aachen University, Ruhr-Universität Bochum und Universität Paderborn, Schichtsysteme mit einzigartigen tribologischen Eigenschaften auf Metallsubstraten sowie Barriereeigenschaften auf Kunststoffsubstraten zu erforschen.

So umfasst der SFB-TR 87 eine „Metallroute“, in der im Wesentlichen PVD-Beschichtungen auf Komponenten in Kunststoffverarbeitungsmaschinen Thema sind. In der „Kunststoffroute“ werden plasma-, prozess- und werkstofftechnische Expertisen genutzt, um Kunststoffe mithilfe von PECVD-Beschichtungen für Barriereanwendungen auszurüsten. Die Grundlagen der Plasmaprozesse (Projektbereich C, „Grundlagen“, siehe Mitte der schematischen Darstellung) bilden die Basis für die Methodenentwicklung des SFB-TR 87. Diese drei Routen verfolgen gemeinsam das Ziel, ein grundlegendes Verständnis der Mechanismen auf dem Syntheseweg der Hochleistungsplasmabeschichtung zu erreichen, um diese Prozesse vorhersagbar zu machen.

Forschungsziel des SFB-TR 87

Um das grundlegende Verständnis der Mechanismen auf dem Syntheseweg der Hochleistungsplasmabeschichtung zu erreichen, wird die neueste, teilweise selbstentwickelte Quellentechnologie zum Einsatz gebracht und mit einem sehr breiten Spektrum an quantitativen, ebenfalls teilweise neu entwickelten Plasmadiagnostiken, unterstützt durch Modellbildung und einmalige Einzelteilchenexperimente, charakterisiert. Ziel ist es weiterhin, die Zusammenhänge zwischen den Werkstoffeigenschaften und den Plasmaparametern zu erforschen und zur Plasmakontrolle, Schichtentwicklung und in-situ Schichtkontrolle einzusetzen. Auf diese Weise wird das bislang vorherrschende empirische Vorgehen überwunden und ein physikalisch und chemisch basiertes Prozessverständnis entwickelt.

Teilprojekte, die am IKV erforscht werden

Die Arbeiten des IKV im Teilprojekt B1 des SFB-TR 87 sind auf zwei Ziele fokussiert. Das eine Ziel ist es, die Zusammenhänge zwischen der Morphologie und der Funktionalität plasmapolymerer großflächiger Beschichtungen und den entsprechenden Plasmaprozessen zu erforschen und zu beschreiben. Das andere Ziel ist es, diese grundlegenden Erkenntnisse über die Beschichtungsprozesse auf großflächige Kunststoffsubstrate zu übertragen und in die Anwendung zu transferieren. Dazu werden nanostrukturierte Funktionsschichten zur Verbesserung der Gasbarriereeigenschaften (insbesondere O2, H2O) auf Kunststoffen (Polyethylenterephthalat (PET), Polypropylen (PP)) abgeschieden. Zum einen wird die Schichtentwicklung am IKV direkt an großflächigen Substraten gemacht, zum anderen werden Schichtsysteme der anderen Teilprojekte hochskaliert. Das Teilprojekt bildet damit die Schnittstelle zwischen grundlagenorientierter Schichtentwicklung und großflächiger Anwendung.

Das Teilprojekt B1 in Phase 3

Die Skalierbarkeit der Prozesse aus dem Projektbereich B des SFB-TR 87 sowie deren Übertragbarkeit auf neue Anwendungen stehen in Phase 3 des SFB im Fokus des Teilprojekts B1.

Der Plasmareaktor LAMPS (Large Area Microwave Plasma System) wurde am IKV in der ersten Phase des SFB-TR 87 mit dem Ziel entwickelt und aufgebaut, homogen großflächig Schichten zu synthetisieren. In der zweiten Förderperiode wurde das Gasverteilersystem des Reaktors, gestützt durch eine Simulation der Neutralgasverteilung in Kooperation mit C8, weiterentwickelt und eine deutliche Homogenisierung der Schichteigenschaften realisiert. Die Untersuchungen zeigten zudem den deutlichen Einfluss der Energieeinkopplung auf die Homogenität von Plasma und Schicht auf, was Gegenstand der Untersuchungen in Phase 3 sein wird.

Der Plasmareaktor LAMPS wurde hierzu in Phase 2 mit einem Mikrowellen-Tuningsystem ausgestattet, um die Energieeinkopplung besser kontrollieren zu können und somit deren Einfluss auf die Homogenität der Plasmaeigenschaften und die lokale Ausprägung der Schichteigenschaften in Zusammenarbeit mit B3 (Ellipsometrie), B2 (PAP), B4 und C1 (MRP, Langmuir) sowie C2 (Schichtspannung) untersucht werden kann. Die Ergebnisse werden verknüpft mit einer Simulation der genutzten MW-Plasmen mit Schwerpunkt auf den Plasmaprozessparametern und den resultierenden Ionenenergieverteilungsfunktionen in C4.

Weiterhin werden in diesem Teilprojekt zwei neuartige Analysemethoden eingesetzt, die die Kunststoff-Schichtsystemeigenschaft Schichtspannung sowie die Prozesstemperatur während des Beschichtungsprozesses überwach- und messbar machen. Der Einsatz dieser Methoden erlaubt eine direkte Korrelation dieser Parameter mit den sich ergebenden Plasma- und Schichtsystemeigenschaften und erweitert somit das Spektrum kontrollierbarer Plasmaparameter für die gezielte Einstellung von Schichtsystemeigenschaften.

Im Rahmen der Untersuchungen zur Übertragbarkeit der Modelle und Schichtsysteme aus dem SFB-TR 87 werden neuartige Substratmaterialien und -geometrien eingesetzt: Durch den Einsatz von Kunststoffen mit hoher Permeabilität als Substrate wird in Kooperation mit B7 das Ziel verfolgt, Beschichtungen mit definierten Trenneigenschaften zu erzeugen, die als Membran eingesetzt werden können. Als Substratgeometrie wird eine Bechergeometrie eingesetzt, um an dieser die Übertragbarkeit der erarbeiteten Modelle und Schichtsysteme von Flachsubstraten auf komplexere Geometrien in Zusammenarbeit mit B4 zu untersuchen. Dies beinhaltet u. a. die Entwicklung einer Methode zur ortsaufgelösten Messung der Plasmaeigenschaften in komplexen Geometrien, sowie eine Simulation der Neutralgasverteilung im Reaktor in C8 und eine Simulation der MW-Plasmen in C4, diesmal jeweils unter Einbezug der Bechergeometrien im Reaktor LAMPS.

Darüber hinaus wird in Kooperation mit B3, A1, A3, A6, A7, C1, C6, C7, und C8 erstmalig die Übertragbarkeit der in Projektbereich A im Rahmen des SFB-TR 87 für Metallsubstrate entwickelten Schichtsysteme auf Kunststoffsubstrate untersucht. B1 nimmt hierbei die Herstellung von Probekörpern im Spritzguss, sowie die Untersuchung von Systemeigenschaften vor.

Veröffentlichungen:

(1)          H. Behm, K. Bahroun, H. Bahre, D. Kirchheim, F. Mitschker, N. Bibinov, M. Böke, R. Dahlmann, P. Awakowicz, Ch. Hopmann, J. Winter: Adhesion of Thin CVD Films on Pulsed Plasma Pre-Treated Polypropylene. Plasma Processes and Polymers 11 (2014) 5, S. 418-425 (B1, B2, B4, B5)

(2)          H. Bahre, H. Behm, D. Grochla, M. Böke, R. Dahlmann, Ch. Hopmann, A. Ludwig and J. Winter, “Film stress of amorphous hydrogenated carbon on biaxially oriented polyethylene terephthalate“, Plasma Process. Polym., (2015), 896-904, doi: 10.1002/ppap.201500045 (B2, B1, C2)

(3)          A. Bulusu, S. Graham, H. Bahre, H. Behm, M. Böke, R. Dahlmann, Ch. Hopmann, and J. Winter, “The mechanical behavior of ALD-polymer hybrid films under tensile strain“, Adv. Eng. Mater. 17, (2015), 1057, doi: 10.1002/adem.201400431 (B2, B1)

(4)          D. Kirchheim, M. Jaritz, R. Dahlmann, Ch. Hopmann: Wirkmechanismen bei der Barriereausrüstung von Kunststoffen mit Hilfe von PECVD. Vakuum in Forschung und Praxis (2016)

(5)          Ch. Hopmann, R. Dahlmann, C. Windeck, D. Kirchheim: Barriereverbesserung für Folien durch dünne PECVD-Multilayer. 28. Internationales Kolloquium Kunststofftechnik. Aachen, 2016, ISBN:978-3-8440-4033-3

(6)          M. Jaritz, H. Behm, D. Kirchheim, F. Mitschker, R. Dahlmann, Ch. Christian, P. Awakowicz: Influence of UV- and VUV-radiation of argon- and oxygenplasma pretreatments on the interface of PECVD-coatings and polypropylene (Hochgeladen; Article reference: JPhysD-109481)

(7)          F. Mitschker, S. Steves, M. Gebhard, M. Rudolph, L. Schücke, D. Kirchheim, M. Jaritz, M. Brochhagen, C. Hoppe, R. Dahlmann, M. Böke, J. Benedikt, I. Giner, T. de los Arcos, Ch. Hopmann, G. Grundmeier, A. Devi, P. Awakowicz: Analysis of Coating Defects in Permeation Barrier Films deposited on PET. Plasma Processes and Polymers (Hochgeladen)

(8)          H. Behm, M. Jaritz, D. Kirchheim, R. Dahlmann, Ch. Hopmann: Influence of a substrate bias on the adhesion of silicon organic PECVD-films on polypropylene. ANTEC 2015 - Proceedings of the Technical Conference & Exhibition. Orlando, USA, 2015

(9)          D. Kirchheim, K. Bahroun, H. Behm, M. Jaritz, F. Mitschker, P. Awakowicz, R. Dahlmann, Ch. Hopmann: Influence of Intermediate Layer Type and Thickness and Barrier Properties of Multilayer PECVD Barrier Coatings on PET. ISPC 22nd International Symposium on Plasma Chemistry, Antwerpen, Belgium, 09.06.2015

(10)        D. Kirchheim, M. Jaritz, R. Dahlmann, Ch. Hopmann: Barrieren ohne Grenzen. K-Zeitung, 07.08.2015

In diesem Teilprojekt soll eine Multiskalensimulationsmethode etabliert werden, um den Anteil des porendominierten Stofftransports durch Kunststoffe mit PECVD-Schichten aufzuklären und insbesondere zu quantifizieren. Die Porenverteilungen werden mit dem Sauerstoffätzverfahren experimentell ermittelt und mit Methoden zur Bestimmung des Gesamtvolumens der Poren (B3, B7) ergänzt. So lassen sich Rückschlüsse über die Größenverteilung der nanoskaligen Poren und die Gewichtung der einzelnen Anteile ziehen. Die Simulation beinhaltet sowohl kontinuumsmechanische Ansätze als auch semiklassische atomistische Molekulardynamikmethoden.

 

 

Im Transferprojekt werden auf Basis der Erkenntnisse aus dem SFB gemeinsam mit einem Industriepartner geeignete Beschichtungssysteme entwickelt, die dem Reinigungsvorgang mit Natronlauge im Mehrweg-Prozess standhalten können.

Prof. Dr. rer. nat. R. Dahlmann

Wissenschaftlicher Direktor Kreislaufwirtschaft Leiter des Zentrums für Kunststoffanalyse und -prüfung +49 241 80-25928 rainer.dahlmann@ikv.rwth-aachen.de

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Weitere Informationen

IM SFB-TR 87 forschen Institute der Ruhr-Universität Bochum, der RWTH Aachen und der Universität Paderborn an unterschiedlichen Teilprojekten. Mehr zu allen Projekten des SFB erfahren Sie auf der Webseite des SFB-TR 87.

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