Deutsche Kautschuk Tagung 2024
IKV-Kautschuk-Team mit fünf Präsentationen dabei
Die enorme Komplexität und Vielfalt an Kautschukmischungen verdeutlicht die außergewöhnlichen Anforderungen, die bei der Herstellung von elastomeren Produkten erfüllt werden müssen. Das Eigenschaftsprofil eines Elastomerbauteils wird aber nicht nur durch die Mischungsentwicklung bestimmt. Auch die Gestaltung des Mischprozesses und die Prozessführung während der Weiterverarbeitung durch Spritzgießen oder Extrusion besitzen einen maßgeblichen Einfluss auf das resultierende Produkt.
Hierzu steht unseren erfahrenen Experten ein hervorragend ausgestattetes Technikum mit Innenmischern, Extrudern und Spritzgießmaschinen zur Verfügung.
Seit mehr als 30 Jahren erforschen wir am IKV die komplexe Prozesskette der Kautschukverarbeitung. Dabei profitieren wir in unserer täglichen Arbeit von einem Umfeld, in dem alle wichtigen Verfahren der Kautschuk- und Kunststoffverarbeitung vertreten sind und sich Synergieeffekte geradezu zwangsläufig ergeben.
Zur Herstellung von Elastomerbauteilen sind Kautschukmischungen notwendig. Diese werden basierend auf einer festen Rezeptur hergestellt, um bestimmte Eigenschaften der Endprodukte zu erzielen. Die Wirtschaftlichkeit des Prozesses hängt dabei wesentlich von der Prozessführung bei der Mischungsaufbereitung ab.
Daher sollen Prozessmodelle zur Beschreibung des Mischprozesses entwickelt werden. Die Grundlage der Prozessmodelle basieren auf umfassenden Untersuchungen des Mischprozesses, um Einflussparameter und Qualitätsgrößen zu ermitteln. Die Ausgangsgrößen werden mit den Eingangsgrößen verknüpft, um so den Mischprozess in den einzelnen Phasen modellhaft abzubilden. Das Prozessmodell erlaubt eine Reduzierung der Mischzeiten in einzelnen Phasen ohne Einbußen der Mischqualität der Kautschukmischungen.
Zur Optimierung des Mischprozesses werden systematische Mischvorschriften für einzelne Mischphasen beginnend mit der Zugabe des Kautschuks bis zum Inkorporationszeitpunkt des Rußes für unterschiedliche Kautschuke optimiert. Folglich wird eine Basis für eine konsequente Zykluszeitreduktion der Mischprozesse erarbeitet. Das Ergebnis des Forschungsvorhabens ist ein empirisch entwickeltes Modell zur Erhöhung der Energieeffizienz durch die Optimierung des Mischprozesses und die Reduzierung der Mischzeit.
Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines auf Siliconverarbeitung spezialisierten Extruderprototypen. Durch hohe Klebrigkeit, niedrige Viskosität, Tendenz zum Wandgleiten und hohe thermische Empfindlichkeit können Siliconkautschuke nur begrenzt in konventionellen Kautschukextrudern verarbeitet werden. Die hohe Klebrigkeit und niedrige Viskosität verschlechtern das Einzugsverhalten. Daher wird eine spezielle Silicon-Einzugszone für den Prototypen unter Einsatz eines neuartigen Modells zur Beschreibung der Einzugs-Viskosität entwickelt. Aufgrund der hohen Temperaturempfindlichkeit des Materials müssen Temperaturspitzen bei der Verarbeitung vermieden werden. Konventionelle Widerstandsthermoelemente erlauben nur die Temperaturmessung randnaher Schmelzeschichten. Daher wird in diesem Vorhaben die Einsatzfähigkeit innovativer Infrarot-Temperatursensoren zur Messung der integralen Massetemperatur geprüft. Weiteres Ziel dieses Vorhabens ist die Messung und Berücksichtigung des Wandgleitens von Siliconkautschuken bei der Schneckenauslegung. Dazu wird ein physikalisches, parametrisches Modell zur Modellierung des Wandgleitens abgeleitet.
Durch die Coextrusion von Kautschuken und Thermoplasten werden die Stärken beider Werkstoffe in einem Hybridprofil kombiniert. Die elastomere Komponente wird für Profilelemente mit Dichtungs- oder Dämpfungsfunktion und die thermoplastische Komponente für die steife Strukturkomponente des Profils verwendet. Bisher können solche Hybride nur in aufwendigen zweischrittigen Verfahren hergestellt werden, die meist auf die Verwendung von kostenintensiven Haftvermittlern angewiesen sind.
Daher wird die Umsetzung eines Coextrusionsverfahrens untersucht, das eine Herstellung solcher Hybridprofile in einem Schritt und ohne Haftvermittler ermöglicht. Die Herausforderung besteht zum einen in der Herstellung des Haftverbundes und zum anderen darin, die gegensätzlichen Anforderungen hinsichtlich Temperaturführung bei der Verarbeitung von Kautschuken und Thermoplasten zu erfüllen. Zunächst wird die Eignung verschiedener Materialkombinationen für ein Coextrusionsverfahren analysiert. Für ausgewählte Materialkombinationen wird anschließend ein neuartiges Coextrusionswerkzeug mit einer thermischen Trennung der beiden Fließkanäle konzipiert und erprobt. In der zu entwickelnden Verfestigungsstrecke kühlt der Thermolast ab und der Kautschuk vulkanisiert durch Erwärmung mit Infrarotstrahlung. Eine Abschirmung des Thermoplastes von der Infrarotstrahlung verhindert dessen Erweichen.
Ein zentrales Ziel bei der Kautschukextrusion besteht darin, den Extrusionsprozess mit möglichst hohem Durchsatz und gleichzeitig hoher Maßhaltigkeit zu betreiben. Maßschwankungen resultieren unter anderem aus Druckschwankungen im Werkzeug. Diese wiederum können zurückgeführt werden auf Schwankungen bei den zu verarbeitenden Materialchargen und besonders Ungleichmäßigkeiten beim Füllen der Schnecke in der Einzugszone.
Ziel des Vorhabens ist es daher, die Ursachen der Druckschwankungen im Extrusionsprozess aufzuzeigen und zu beseitigen. Hierzu soll die Frage beantwortet werden, wie mit geeigneter Sensorik (z. B. mit Druck- und Temperatursensoren) Pulsationen im Einzugsbereich erfasst werden können. Die Messwerte dieser werden genutzt, um mithilfe eines modellbasierten Regelkonzepts den Extruder in einem robusten und durchsatzoptimalen Betriebspunkt zu betreiben. Die erforderlichen Modifikationen an der Speisewalze (z. B. Temperierung, separater Antrieb, Sensorik) und in der Einzugszone (z. B. Wendeltasche, Überschneidung der Schneckenstege, Gangzahl, Sensorik) sollen sich in bestehende Kautschukextruder integrieren lassen.
Das neue Speisewalzenkonzept ermöglicht eine weitere Digitalisierung des Extrusionsprozesses. Die Forschungsergebnisse tragen zur Produktivitätserhöhung sowie Ausschussverringerung bei.
Extrusionswerkzeuge haben die Aufgabe, den Massestrom des Extruders in engen geometrischen Toleranzen auszuformen. Aufgrund des ausgeprägten nichtlinear-viskoelastischen Fließverhaltens von Kautschuken kommt es beim Austritt aus dem Werkzeug zu Fließanomalien in Form von Strangaufweitung und mitunter zu Oberflächendefekten (z. B. Schmelzebruch). Diese Fließanomalien werden in der industriellen Praxis mittels einer iterativen Werkzeugauslegung und Anpassung des Extrusionsprozesses kompensiert. Zwar verkürzt ein simulative Werkzeug- und Prozessauslegung den Entwicklungsprozess, jedoch ist die Vorhersagegenauigkeit insbesondere von der Qualität der rheologischen Eingangsdaten abhängig. Die etablierte laboranalytische Rheometrie berücksichtigt nicht die Scherhistorie des Kautschuks im Extruder. Des Weiteren wird eine Modellierung dadurch erschwert, dass der Spannungszustand des Kautschuks bei der laboranalytischen Rheometrie nur bedingt auf eine Strömung in komplexen Werkzeuggeometrien übertragbar ist.
Eine Verbesserung der simulativen Auslegung von Kautschukextrusionswerkzeugen wird durch eine Berücksichtigung von Messartefakten bei der rheologischen Materialmodellierung erzielt. Weiterhin werden Qualitätsgrößen wie der Schwellwert und die Oberflächenqualität in Abhängigkeit von Art und Höhe der Beanspruchung sowie des Relaxationsverhaltens für unterschiedliche Kautschukmischungen ermittelt. Dieser empirische Ansatz ergänzt die Strömungssimulation und verbessert so die Vorhersagegenauigkeit von Fließanomalien.
Der charakteristische Aufbau dreischichtiger Medienleitungen aus Kautschuk wird heute üblicherweise in einem ressourcen- und kostenintensiven, mehrstufigen Extrusionsverfahren (Dornverfahren) realisiert. Eine Alternative hierzu kann die Herstellung elastomerer Hohlkörper mittels der Projektilinjektionstechnik im Spritzgießverfahren sein.
Das Forschungsvorhaben hat vor diesem Hintergrund das Ziel, die Projektilinjektionstechnik so weiterzuentwickeln, dass elastomere Hohlkörper aus rußgefüllten Kautschukmischungen mittels PIT hergestellt werden können. Dadurch soll es besonders für kmU in der kautschukverarbeitenden Industrie mit vermindertem Risiko möglich werden, die PIT-Technologie für die Herstellung von medienführenden Leitungen einzusetzen und damit das konventionelle Dornverfahren zu ersetzen.
Um das Forschungsziel erreichen zu können, muss im ersten Schritt eine Mischungsrezeptur basierend auf einem rußgefüllten Kautschuk entwickelt werden, die mit der PIT verarbeitbar ist und die materialspezifischen Anforderungen an Kühlwasser- bzw. Ölschläuche erfüllt. Anschließend werden umfangreiche verfahrenstechnische Untersuchungen durchgeführt, um die Prozessfähigkeit des Materials zu überprüfen. Dazu müssen Mischungsbestandteile sowie deren Anteile beim Compoundieren variiert und prozessbestimmende Parameter wie der Fluidvolumenstrom oder die Fluidtemperatur variiert werden, um Wirkzusammenhänge und Einflussgrößen zu ermitteln.
Durch Chargenschwankungen von Kautschukmischungen besteht das Risiko beim Elastomerspritzgießen fehlerhafte Bauteile und somit Ausschuss zu produzieren. Die Schwankungen werden oftmals erst während der Qualitätskontrolle der Bauteileigenschaften bemerkt und können nicht mehr ausgeglichen werden.
Daher soll eine Methodik zur Detektion von Chargenschwankungen auf Basis von Druckdifferenzmessungen im Angusskanal mithilfe eines Inline-Rheometer sowie Strategien zur prozesstechnischen Kompensation der Chargenschwankungen entwickelt werden. Um Letzteres zu erreichen werden die Wirkzusammenhänge zwischen den Messgrößen des Inline-Rheometers, der Prozessparameter und der Chargenschwankungen ermittelt. Zusätzlich wird im Rheometer ein dielektrischer Sensor zur Messung der Ionenviskosität eingesetzt. Der Messwert ermöglicht Rückschlüsse auf den Vernetzungszustand der Schmelze und somit die Detektion unerwünschten Anvernetzens.
Der aktuelle Forschungsschwerpunkt liegt auf der Entwicklung des Inline‑Rheometers. Eine Herausforderung stellt die Auslegung der Fließkapillare dar. Während für die Viskositätsmessung der Druckverlust im Messkanal nicht zu niedrig sein darf, verhindert ein zu hoher Druckverlust das vollständige Füllen der Kavitäten des angeschlossenen Werkzeugs.
Elastomere werden heutzutage meistens zu dichtenden oder dämpfenden Zwecken in Automobilindustrie, Maschinenbau, Elektrotechnik, Bau- und Ausbaugewerbe oder Energiewirtschaft und Medizintechnik eingesetzt. Weiterhin stellen Elastomere den zentralen Werkstoff bei der Reifenherstellung dar.
Die anwendungsnahen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten des IKV betrachten den gesamten Produktenstehungsprozess, da nur eine durchgängige Berücksichtigung des Wechselspiels zwischen Rezeptur, Mischprozess, Weiterverarbeitung und Bauteilgeometrie den Erfolg elastomerer Produkte sicherstellen kann.
Kooperationsprojekte mit unseren Partnern aus der Industrie behandeln oft eine oder mehrere der folgenden Fragestellungen, für die wir individuelle und unmittelbar umsetzbare Lösungen erarbeiten: