Diese Karosserie braucht ein Chassis!
Studierende der Bachelor-Vertiefung Kunststofftechnik fertigen ein Fahrzeug eigenhändig an. Im Rahmen ihres Studiums stellen sie sämtliche Bauteile...
Dank der sehr breiten Einstellbarkeit der Verarbeitungs- und Bauteileigenschaften eignen sich Polyurethane wie keine andere Werkstoffklasse für eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Anwendungsfelder. Ob geschäumt, kompakt oder endlosfaserverstärkt: die Eigenschaften der Bauteile können bei geringen Dichten von elastisch-weich bis hin zu spröde-hart eingestellt werden. Eigenschaften können sogar durch die Kombination von PUR-Werkstoffen miteinander vereint werden. Polyurethane finden Anwendung in der Automobilindustrie (z.B. Innenverkleidungen, Sitzkissen, Sichtbauteile), der Möbelindustrie (Polster und Matratzen), dem Bausektor (Dämmplatten, Profile) der Kühlgeräteindustrie (thermische Isolation) oder auch im Sport- und Bekleidungsbereich (Schuhsohlen).
Die Forschungsfragen, denen wir uns stellen sind dabei so vielfältig wie der PUR-Werkstoff selbst und reichen von der Reduktion des Einsatzes von gesundheitsschädlichen Trennmitteln und Isocyanaten über werkstoffwissenschaftliche Fragestellungen wie der Verbesserung der Isolations- und Flammschutzeigenschaften von Hartschäumen und der Entwicklung von PUR-spezifischen Materialanalyse- und -testverfahren bis hin zu innovativen Verarbeitungsverfahren zur gezielten Kombination unterschiedlicher Werkstoffe und Funktionen in einem Bauteil.
Vor dem Hintergrund der Ressourcenschonung und aktuellen Bestrebungen zur Entwicklung alternativer Rohstoffe ist es in den letzten Jahren durch die Entwicklung geeigneter Katalysatoren gelungen, Kohlenstoffdioxid (CO2) in signifikanten Mengen als Rohstoff für die Herstellung von Polyolen zu nutzen. Durch den Einbau von CO2 und weiteren Bausteinen lässt sich die molekulare Struktur des Polyols so verändern, dass die entstehenden Eigenschaften von denen konventioneller Polyurethan (PUR)-Systeme abweichen.
Zur Analyse des Potenzials von CO2-basierten Polyolen für PUR-Formteile wurde am IKV eine umfassende Eigenschaftsanalyse der neuartigen CO2-Polyole sowie eine Evaluation der entstehenden CO2-PUR für eine Anwendung als kompakte dämpfende Elemente sowie für Medienleitungen durchgeführt.
Dazu wurden unter Nutzung eines kommerziellen Isocyanates insgesamt mehr als 30 unterschiedliche Polyole bezüglich ihrer Verarbeitungseigenschaften (Gelzeiten, Viskositäten, etc.) und entstehenden Eigenschaften im PUR (Glasübergangstemperaturen, Härte, etc.) analysiert und daraus empirische Formeln zur Vorhersage dieser Eigenschaften abgeleitet.
Die hergeleiteten Formeln zur Vorhersage der Materialeigenschaften zeigen eine hohe Übereinstimmungsgüte mit den praktischen Versuchsergebnissen, wodurch eine gezielte Anpassung der Materialeigenschaften, zugeschnitten auf die Anforderungen der Anwendung ermöglicht wird.
PUR-Formschäume werden in sehr vielen Anwendungen eingesetzt. Durch ökologische und ökonomische Nachteile wird nach alternativen Treibmitteln gesucht. CO2 stellt für diese Applikation eine kostengünstige und nachhaltige Alternative dar, birgt jedoch Schwierigkeiten in der Verarbeitung, es kommt zum unkontrollierten Ausfällen des Treibmittels durch den Druckabfall. Daher sind nur geringe Gewichtsgehalte verarbeitbar und eine Dichtereduktion mit CO2 ist auf 60 kg/m³ limitiert.
Durch die Integration einer CO2-Dosieranlage ist es möglich schussangepasste Injektionen in die Polyol-Zulaufleitung zu realisieren und mit Hilfe der am IKV entwickelten Gasgegendruck-Technologie Formschäume geringer Dichte mit CO2 als Treibmittel herzustellen.
Im Verlauf des Projektes gelang es durch eine methodische Prozessentwicklung Weichschäume mit einer Dichte von lediglich 47 kg/m³ herzustellen, das ganze bei einer Stauchhärte von nur 2,5 kPa. Ebenso war es möglich den Druckverformungsrest eines elastomeren PUR um 78 % im Vergleich zu konventionellen wassergeschäumten Bauteilen zu reduzieren durch den Einsatz von CO2.
Isolationskomponenten aus Polyurethan von gebäudetechnischen Anlagen werden aufgrund ihrer hohen Individualität häufig in kleinen Serien gefertigt. Zur Herstellung dieser Komponenten werden metallische Formwerkzeuge genutzt und sind ein hoher Kostentreiber.
Zur kostengünstigen und flexiblen Produktion der Bauteile wird eine adaptive Werkzeugtechnik entwickelt, welche sich aus einem Stammwerkzeug und individuell für das Bauteil tiefgezogenen Thermoplastfolien, die die Kavität bilden zusammensetzt.
Im Projektverlauf wurde ein Versuchsstand zur Analyse der Eignung unterschiedlicher un- und faserverstärkter Thermoplastfolien aufgebaut und verschiedene Stützstrukturen bei der Formgebung verwendet. Besonders geeignet als Stützstruktur für eine ebene Platte haben sich additiv gefertigte Gitterstrukturen erwiesen. Für die Untersuchungen mit dem hergestellten Stammwerkzeug wurde eine Demonstratorgeometrie definiert. Mit diesem Bauteil werden weitere Untersuchungen mit unterschiedlichen Stützstrukturen (additiv gefertigt, Formsand, Druckluft) durchgeführt und verschiedene Entlüftungsstrategien validiert. Die auf diese Weise hergestellten Bauteile werden abschließend noch hinsichtlich ihrer Maßhaltigkeit und Wärmeleitfähigkeit mit konventionellen Bauteilen referenziert.
Die Einstellung von Prozessparametern im PUR-RIM-Prozess fußt aktuell auf einem hohen Maß an Erfahrungswissen. Durch den Mangel an Sensorintegration in am Verarbeitungsprozess beteiligte Komponenten sind die Einflüsse von Material- und Prozessschwankungen sind bislang nicht umfassend quantifiziert.
Durch eine Kombination aus verarbeitungsrelevanter Materialcharakterisierung und der Integration von Inline-Sensorik soll es gelingen eine effiziente, objektive Einstellung und Kontrolle sowie Troubleshooting von PUR-Produktionsprozessen zu erreichen.
Hierfür werden standardisierte und prozessnahe Materialcharakterisierungen zur verarbeitungsrelevanten Klassifizierung unterschiedlicher PUR-Systeme durchgeführt. Zeitgleich wird ein Versuchsstand aufgebaut, der mit Hilfe von Sensorik anlagen-, werkzeug- und umgebungsseitige Einflüsse protokolliert. Die so ermittelten Daten werden mit den Bauteileigenschaften korreliert und damit Einflüsse von Prozessschwankungen auf die Bauteileigenschaften quantifiziert. Ringversuche bei beteiligten Unternehmen werden zudem zur Identifikation des Einflusses der Anlagentechnologie durchgeführt.
Polyurethan (PUR)-Systeme neigen zur Ausbildung starker adhäsiver Kräfte zu metallischen Werkzeugmaterialien. Aus diesem Grund werden Trennmittel eingesetzt, die eine prozesssichere Verarbeitung von Polyurethanen ermöglichen. Diese Trennmittel lagern sich jedoch auf den Oberflächen der PUR-Bauteile und Werkzeuge ab und müssen in aufwendigen Nachbearbeitungsschritten entfernt werden.
Zur Auflösung des Zielkonfliktes zwischen Produktivität und Bauteilqualität wird die Umsetzung der trockenen Entformung mit einer plasmapolymeren permanenten Trennschicht untersucht. Ziel ist die Übertragbarkeit der Erkenntnisse zum Entformungsverhalten der permanenten Trennschicht auf kommerzielle PUR-Systeme. Insbesondere sollen Katalysatoren identifiziert werden, die unter dem Gesichtspunkt einer zerstörungsfreien Entformung von PUR-Bauteilen eine gute Kompatibilität zu der Trennschicht aufweisen. Darüber hinaus sollen prozessnahe Untersuchungen mit einem neuartigen innovativen Werkzeugkonzept die industrielle Anwendbarkeit der Technologie aufzeigen.
In Laborversuchen konnte eine Katalysatorklasse identifiziert werden, die eine hohe Kompatibilität zur Trennschicht aufweist. Im nächsten Schritt wird anhand eines beispielhaften Katalysators die Standfestigkeit der Trennschicht sowie die Höhe der notwendigen Entformungskräfte analysiert.
Die Herstellung von endlosfaserverstärkten Hohlkörpern ist kostenintensiv und durch einen hohen Anteil manueller Arbeitsschritte mit einer hohen Zykluszeit verbunden. Als Alternative bietet sich die Projektilinjektionstechnik (PIT) an, wie sie für thermoplastische Materialien bereits zur Herstellung un- und kurzfaserverstärkter Hohlkörper verwendet wird.
Die intensiven Erfahrungen aus der PIT-Technologie für thermoplastische Bauteile und elastomere PUR Bauteile wurden auf die Fertigung von Bauteilen mit duroplastischer PUR Matrix mit Faserverstärkung übertragen. Durch die Erweiterung der PIT-Technologie um das S-RIM Verfahren ist die Herstellung endlosfaserverstärkter Strukturbauteile mit Polyurethan-Matrix möglich. Dabei können neben runden auch rechteckige Hohlkörper gefertigt werden. Eine neue Injektoreinheit ermöglicht das prozessintegrierte Ausschäumen der Hohlkörper.
Die Exzentrizität und Ovalität der gefertigten Bauteile sind vergleichbar mit denen von Referenzbauteilen aus PA6.6/GF30. Gleichzeitig wurde eine gute Imprägnierqualität der Endlosfaserverstärkung erreicht. Die mechanischen Analysen haben gezeigt, dass im Vergleich zu den thermoplastischen Bauteilen aus PA6.6/GF30 die Biegefestigkeit, die Biegesteifigkeit und die Berstdruckfestigkeit erhöht werden konnten. Die erreichten Eigenschaften konnten dabei durch die Wahl der Faserverstärkung an den jeweiligen Lastfall angepasst werden.
Die grundlegende Herausforderung für eine reproduzierbare Fertigung von FVK-Bauteilen in kurzen Zykluszeiten besteht in der genauen Kenntnis und Abstimmung der Materialeigenschaften mit dem Fertigungsprozess. Nur so lassen sich Vorversuche und die damit verbundenen Kosten minimieren. Dabei weisen konventionelle Analysemethoden jedoch teilweise Defizite bei der Analyse hochreaktiver Materialsysteme auf.
Vor diesem Hintergrund stehen am IKV zwei Messzellen zur prozessnahen Bestimmung von Materialdaten zur Verfügung. Dazu gehören zum einen eine Messzelle zur Beschreibung des Schwindungsverhaltens (pvT-Verhalten), die durch eine präzise und vollautomatische Dosierung der vorgeheizten Harzsysteme in die Messkammer kurze Messzyklen von sehr geringen Probemengen ermöglicht. Zum anderen kann über das sogenannte Reaktionsviskosimeter das Fließverhalten (Viskositätsdaten) im Verlauf der Reaktion beschrieben werden. Zur Vermessung hochreaktiver Harze kann die Messzelle direkt über einen Mischkopf befüllt werden.
Die Erweiterung und Optimierung der vorhandenen Messtechnik ist ein wesentlicher Bestandteil der aktuellen Forschung. In diesem Zusammenhang wird pvT-Messzelle dahingehend optimiert, dass Prozesseinflüsse wie Druck und Temperatur deutlich genauer abgebildet werden können. Zusätzlich wird eine Messzelle zur Charakterisierung des Aushärteverhaltens hochreaktiver Harzsysteme entwickelt.
Endlosfaserverstärkte Kunststoffprofile werden als universelle Halbzeuge für eine Vielzahl von Anwendungen eingesetzt. Da die Herstellung üblicherweise kontinuierlich im Pultrusionsprozess stattfindet, ist die Integration von Krafteinleitungselementen in die Bauteile nicht möglich. Die bei der Pultrusion üblichen hohen Faservolumengehalte sowie die Reibung am Werkzeug während der Aushärtung bedingen darüber hinaus eine mäßige optische Oberflächenqualität.
Das IKV hat daher eine Erweiterung des Pultrusionsprozesses untersucht, bei dem das duroplastische Pultrudat inline mit einem thermoplastischen Extrudat ummantelt wird. Die aufgebrachte Thermoplastschicht ermöglicht ein schnelles und einfaches nachträgliches Anschweißen von Krafteinleitungselementen und verbessert die Schlagzähigkeit sowie die optische Erscheinung des Pultrudats.
Hierzu wurde ein neues Verfahrenslayout entwickelt, bei dem die Zuführung des thermoplastischen Mantelmaterials bereits im Pultrusionswerkzeug erfolgt. Somit kann ein intrinsischer Fügeprozess des vorkonsolidierten, jedoch noch reaktiven Pultrudats mit dem schmelzeförmigen Thermoplasten inline erfolgen. Für die Realisierung des Verfahrens wurde ein neuartiges Pultrusionswerkzeug, welches die unterschiedlichen Charakteristika von Pultrusions- und Extrusionsprozess harmonisiert konstruiert und in Betrieb genommen.
Für die praktische Durchführung von Forschungsprojekten verfügen wir über ein umfassend ausgestattetes PUR-Technikum mit verschiedenen Hochdruck-und Niederdruck-Dosieranlagen und Formenträger.
Ein PUR-Sprühzentrum, eine Pultrusionsanlage sowie diverse Mischkopfvarianten und eine Vielzahl an Formwerkzeugen und Sensorik stehen für Forschungsprojekte zum Einsatz bereit.