Simulation für die Kunststofftechnik

Die Simulation ist heute ein unverzichtbares Werkzeug für die Kunststofftechnik. Am IKV werden dazu moderne Simulationsmethoden erforscht, entwickelt und eingesetzt, die den Anwender in die Lage versetzen, Iterationen und Prototypenversuche deutlich zu reduzieren, die technische Machbarkeit und Leistungsfähigkeit neuer Produkte und Verfahren bereits im Vorfeld zu bewerten, das Werkstoffpotenzial der Kunststoffe bestmöglich auszuschöpfen sowie Bauteile und Verarbeitungsprozesse im Sinne einer durchgängigen virtuellen Produktentwicklung zu optimieren.

Dabei stellen wir uns unterschiedlichen Randbedingungen, wie dem komplexen Materialverhalten der Kunststoffe in den verschiedensten Belastungsfälle, ständigen Innovationen im Bereich der Werkstoffe und der Fertigungsverfahren und anhaltendem Zeit- und Kostendruck

Im Bereich der Simulation erforschen wir schwerpunktmäßig diese Anwendungsfelder:

  • Prozesssimulation
    Die Prozesssimulation wird am IKV genutzt, um Verarbeitungsverfahren virtuell abzubilden. Damit können wir Werkzeuge und Maschinen vor dem ersten Experiment auslegen und bewerten. Ein Beispiel ist die Simulation des Spritzgießprozesses, aus der sich unter anderem der Druckbedarf, mögliche Bindenähte, Faserorientierungen oder der Temperierbedarf ermitteln lassen. 
  • Struktursimulation
    In der Struktursimulation stellen wir das Bauteilverhalten im Einsatz nach, um darauf aufbauend Konstruktionsentwürfe zu optimieren und Werkstoffe auszuwählen. Der zeitliche Verlauf der Last und der Temperatur sind hierbei von ebenso großer Bedeutung wie die inneren Eigenschaften des Werkstoffs. Ergebnisse sind beispielsweise Verformungen, Spannungen, Schädigungen oder Versagensorte und -verläufe.  
  • Integrative Simulationsketten
    In integrativen Simulationsketten verknüpfen wir Prozess- und Bauteilsimulation über eigens entwickelte Schnittstellen. Hierdurch können die verarbeitungsbedingten Materialeigenschaften in der Bauteilsimulation berücksichtigt werden, wie beispielsweise die richtungsabhängigen mechanischen Eigenschaften von kurzglasfaserverstärkten Bauteilen.
    Auch mehrstufige Simulationen werden am IKV entwickelt, die beispielsweise die Temperaturverteilung aus einer Aufheizsimulation an die mechanische Umformsimulation des Streckblasformens übergeben.

Bestandteile einer Simulation – Werkstoffwissen und Numerik

Die Forschungsaktivitäten des IKV im Bereich Simulation fokussieren sich auf die Weiter- und Neuentwicklung von Simulationsmethoden sowie deren Validierung an praxisnahen Anwendungsfällen. Ziel der Arbeiten ist es, die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse über den Werkstoff und seine Verarbeitung in anwendungsgerechte Simulationswerkzeuge zu überführen.

Grundlage jeder Simulation ist die werkstoff- und lastgerechte Abbildung des Materialverhaltens in Materialmodellen. Diese Modelle werden auf Basis detaillierter Werkstoffprüfungen kalibriert, die wir selbst durchführen. Die Möglichkeiten und Grenzen der numerischen Verfahren kennen wir ebenso wie die Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Simulationstools.

Die Kombination aus Werkstoff- und Prozesswissen sowie Numerik bildet die Grundlage für die Stärke des IKV im Bereich der Simulation. Alle Schritte einer erfolgreichen Simulation – vom Modellaufbau bis zur Interpretation der Ergebnisse – erforschen wir am IKV aus einer Hand.

Aktuelle Forschungsprojekte im Bereich Simulation

In diesem Teilprojekt des Exzellenzclusters entwickeln wir eine skalenübergreifende Simulationskette zur Beschreibung der Kristallisationskinetik von teilkristallinen Thermoplasten und deren Auswirkung auf das mechanische Bauteilverhalten. Die Multiskalensimulation ermöglicht somit eine Berücksichtigung des Kristallisationsprozesses während der und ermittelt die daraus resultierenden inhomogenen Werkstoffeigenschaften. Diese verknüpfte Beschreibung von Prozess- und Materialeigenschaften in der Simulation ist eines der Grundelemente der integrativen Produktionstechnik. 

Technische Bauteile sind in ihrer Einbausituation oft Schwingungsanregungen ausgesetzt und werden dadurch zur Geräuschabstrahlung angeregt. Die Bauteilauslegung hinsichtlich akustischer Randbedingungen kann für unverstärkte Thermoplaste mit Methoden und Materialmodelle erfolgen, die bereits in kommerziellen Struktursimulationsprogrammen vorhanden sind.

Darüber hinaus konzentriert sich die Forschung am IKV auf eine werkstoffgerechte Akustiksimulation thermoplastischer Werkstoffe, die eine deutlich verbesserte Abbildungsgüte ermöglicht. Neben der Verbesserung der Methoden für unverstärkte und damit mechanisch isotrope Kunststoffe wurde erstmalig auch eine Akustiksimulation anisotroper kurzfaserverstärkter Thermoplaste mithilfe einer integrativen Berechnungsmethode umgesetzt.

Mit dem am IKV entwickelten Materialmodell kann das sowohl richtungs- als auch frequenzabhängige Steifigkeits- und Dämpfungsverhalten kurzfaserverstärkter Thermoplaste berechnet werden. Die Vorteile dieser Methode werden besonders an Bauteilen mit ausgeprägter Faserorientierung deutlich. 

Ziel des DFG-Forschungsprojektes in Zusammenarbeit mit dem Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (Dresden), dem Institut für Statik und Dynamik (Hannover) und dem Institut für Kunststoffe und Verbundwerkstoffe (Hamburg) ist die physikalisch basierte Verallgemeinerung vorhandener Schädigungsevolutionsmodelle für faserverstärkte Kunststoffe (FVK) als essentieller Bestandteil der Vorhersage des Ermüdungsverhaltens.

Als besondere Herausforderungen bei der Modellierung des Schädigungsverhaltens von FVK gelten die gegenwärtig nur unzureichend verstandenen unterschiedlichen Schädigungsmechanismen im Zug- und Druckbereich und ihre Interaktionen unter wechselnden Belastungen.

Im Forschungsvorhaben wird daher mit Hilfe numerischer Analysen auf Mikroebene sowie der experimentellen Beobachtung durch optische Spannungsanalysen und der in-situ-Computertomografie ein Modell für das veränderliche Spannungs-Verzerrungs-Verhalten bei zyklischer Belastung mit Lastrichtungsumkehr formuliert.

Faserverstärkte Kunststoffe finden zunehmend Anwendung auch in schwingend beanspruchten Bauteilen wie z.B. Blattfedern. Besonders das große Dämpfungsvermögen, die werkstoffgerechte Belastung und natürlich das geringe Gewicht bieten das beste Leichtbaupotential von GFK gegenüber Stahlfedern. Die Ermüdungsfestigkeiten gelten als hervorragend, wenn auch bislang keine ausgeprägte Dauerfestigkeitsgrenze festgestellt werden konnte.

Für einen sicheren Betrieb des Bauteils muss bereits in der Konstruktion eine Berechnung der Lebensdauer möglich sein. Daher liegt der Fokus in diesem gemeinschaftlichen Forschungsprojekt auf der Modellierung der Ermüdung von Faserverstärkten Kunststoffen, welche in Faserrichtung beansprucht werden. Unter Berücksichtigung von wechselnden Lasthöhen und ihrer unterschiedlichen Reihenfolge während der Bauteillebensdauer wird abschließend ein Blockprüfprogramm entwickelt, welches in seiner Schädigungsentwicklung der Entwicklung unter gemessenen Lasten entspricht.

Die Verbreitung von kurzglasfaserverstärkten technischen Kunststoffen in mechanisch anspruchsvollen, ermüdungsgefährdeten Anwendungen steigt durch die Bestrebungen der Automobil- und Elektroindustrie zu vermehrtem Leichtbau, Funktionsintegration und Kostensenkung. Bei Bauteilen, die wechselnden Belastungen mit unterschiedlichen Lasthöhen und Frequenzen unterliegen, genügen die alleinigen Erkenntnisse aus klassischen Werkstoffwöhlerkurven nicht für eine werkstoffeffiziente Bauteilauslegung. Zusätzliche Aspekte, wie der Einfluss der Prüffrequenz und Lastreihenfolge- sowie Mittelspannungseffekte müssen berücksichtigt werden.

Das Ziel dieses Forschungsvorhabens stellt die Entwicklung einer praxisnahen Methode zur Berücksichtigung von variablen Lastformen in der Lebensdauervorhersage auf Basis von Wöhlerkurven dar. Dazu wird zunächst untersucht, welche Werkstoffeffekte spezifisch für kurzglasfaserverstärkte Thermoplaste erfasst werden müssen, um diese anschließend in einer werkstoffgerechten Simulationsmethode abbilden zu können. An exemplarischen Lastkollektiven werden Lastreihenfolgeeffekte und geeignete Methoden zur analytischen Schadensakkumulation einzelner Schwingspiele identifiziert. Die erzielten Erkenntnisse gestatten die Auswahl einer werkstoffgerechten Methode zur Schadensakkumulation.

Dieses Thema wird in enger Zusammenarbeit mit dem Forschungsbereich Werkstofftechnik erforscht.

Der Einsatz kurzglasfaserverstärkter Thermoplaste für schwingend hoch beanspruchte Bauteile nimmt in Branchen des Maschinenbaus wie der Automobil- und der Haushaltsgeräteindustrie kontinuierlich zu. Im Fokus der Lebensdauerauslegung befinden sich bislang vor allem strukturelle Bauteile, die Wechsellasten mit hohen Amplituden über einen Zeitraum von mehreren Jahren dauerhaft ertragen müssen. Davon abzugrenzen sind ebenfalls aus technischen Thermoplasten gefertigte flächige Gehäusebauteile, die bereits aufgrund hochfrequenter Belastung eine akustische Auslegung erfordern.

Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist die Bereitstellung einer werkstoffgerechten Methode zur Lebensdauervorhersage kurzglasfaserverstärkter Kunststoffbauteile unter hochfrequenten Schwinglasten und damit die Erschließung der Schwingungsfestigkeitssimulation. Neben der Berücksichtigung der viskoelastischen Werkstoffeigenschaften, wird auch ein Frequenz/Last-Verschiebungsprinzip entwickelt und validiert, um die Datenbasis für den hochfrequenten Lebensdauerbereich zu bestimmen.

Dieses Thema wird in enger Zusammenarbeit mit dem Forschungsbereich Werkstofftechnik erforscht.

Langfaserverstärkte Thermoplaste (LFT) besitzen im Vergleich zu kurzfaserverstärkten Thermoplasten bessere mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig hoher geometrischer Freiheit. Dieses Eigenschaftsspektrum lässt LFTs immer weitere Anwendungsbereiche erschließen, bei denen hohe Belastungen auftreten können.

Mit zunehmender Belastung werden bei LFTs verschiedene Versagensmechanismen auf Mikroebene induziert, die in Versagen der Matrix, der Faser sowie der Haftschicht zwischen Faser und Matrix differenziert werden können. Am IKV wurde bereits Modell entwickelt, welches das Materialverhalten unter Berücksichtigung der Faserlängen- und Faserorientierungsverteilung beschreiben kann. Zusätzlich wird der Einfluss der Faserkrümmung über phänomenologische Ansätze in das Modell integriert. Die genaue Unterscheidung der einzelnen Versagensarten, die sukzessive aber auch simultan ablaufen können, sowie die Beschreibung des Faserkrümmungseffektes auf Basis physikalischer Grundlagen findet zurzeit noch nicht statt.

Daher zielt das Forschungsvorhaben in der experimentellen sowie simulativen Analyse und Modellierung des Schädigungsverhaltens von LFTs. Der Einfluss der Faserkrümmung wird zusätzlich über eine geeignete Abbildung der Faser-Matrix-Anbindung in das Modell integriert.

Dieses Thema wird in enger Zusammenarbeit mit dem Forschungsbereich Werkstofftechnik erforscht.

Lösungen für die Industrie in Forschung und Entwicklung

Wir beherrschen die einfache isotrope Simulation genauso wie die vollständig integrative Simulation unter Berücksichtig des kunststoffspezifischen Materialverhaltens, der Prozesseinflüsse und komplexer Belastung. Aus diesem Spektrum leiten wir die für Ihre Fragestellung geeignete Lösung ab – so genau wie nötig, so effizient wie möglich. Wir arbeiten mit allen namhaften und industriell relevanten Softwaretools. Wo notwendig greifen wir auf Eigenentwicklungen oder Subroutinen zurück, beispielsweise zur Implementierung eigener, auf den Werkstoff zugeschnittener Materialmodelle.

Simulation von Verarbeitungsprozessen

  • 2,5D und 3D-Prozesssimulation des Spritzgießens (thermisch, rheologisch und mechanisch)
  • Simulation der Einlegerverformung im Spritzgießwerkzeug
  • Strömungsmechanische Simulation von Extrusionswerkzeugen
  • Simulation des Fließpressens von langfaserverstärkten Thermoplasten und Duroplasten (Füllverhalten, Reaktionskinetik und Erstarrungsverhalten, Faserorientierungsvorgänge)
  • Mehrstufige Simulation des Streckblasformprozesses (Aufheizung, Umformung)
  • Simulation des Thermoformprozesses (Aufheizung, Umformung)
  • Thermische Simulation des Laserdurchstrahlschweißens

Struktursimulation von Kunststoffbauteilen

  • Integrative Strukturanalyse von thermoplastischen Spritzgießbauteilen (kurz- und langfaserverstärkt)
    • Steifigkeit und Festigkeit, Ermüdungsverhalten unter schwingenden Lasten, Versagensverhalten im Crashfall, Körperschallverhalten, Bindenahtfestigkeit, Alterung unter Medieneinfluss
  • Interface-Eigenschaften von stoffschlüssigen Kunststoff/Metall-Hybridverbindungen
  • Mechanische Eigenschaften von Elastomerbauteilen auf Basis der lokalen Vernetzungsdichte
  • Erstarrungsprozesse – Gefügeentstehung in teilkristallinen Kunststoffen
  • Dimensionierung von endlosfaserverstärkten Bauteilen auf Basis der CLT (Klassische Laminat-Theorie)
  • Simulation des mechanischen Verhaltens von endlosfaserverstärkten Bauteilen mittels FEM
  • Mechanische und Barriereeigenschaften von streckblasgeformten Hohlkörpern

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